Vater werden ist nicht schwer (2/3)

© Andrea Marchetti

Der Vater ist von der Psychologie her der, der den Kindern das Rückgrat stärkt, der ihnen den Rücken freihält, damit sie ihr Leben wagen und es selbst in die Hand nehmen. Der Vater hält seine Kinder nicht fest, sondern er schickt sie in die Welt, damit sie das eigene Leben leben. Aber er ist da, wenn sie ihn brauchen. Zu ihm können sie zurückkommen. An ihn können sie sich anlehnen. Er fällt ihnen nicht in den Rücken, wenn sie Fehler machen, sondern hält ihnen den Rücken frei. Er steht hinter ihnen, wenn sie angegriffen werden. Er ist eine Quelle männlicher Energie für die Söhne.

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Gerade heute sehnen sich viele Söhne nach dem Vater. Ohne ihn können sie ihre eigene männliche Identität nicht entwickeln. Oft genug reiben sie sich am Vater und rebellieren gegen ihn, wenn er ihnen zu stark ist, wenn er ihnen zuviel Gehorsam abverlangt oder sie mit seinen Erwartungen überfordert. Aber auch diese Rebellion gehört zum Mann werden. Nur wenn ich mich vom Vater distanziere, kann ich auch die positiven Wurzeln entdecken, die ich in ihm habe.

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Wie jeder Archetyp steckt auch im Bild des Vaters viel Kraft, aber auch Gefährdung. Wer als Vaster seine Kinder nicht losläßt, wer einen patriachalen Führungsstil praktiziert und meint, er könne alles bestimmen, der verfälscht das wahre Vaterbild. Er verwechselt es mit Unfehlbarkeit und autoritärem Führungsstil.

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Autoritär ist nur der, der kein Rückgrat hat. Weil er im Grunde konfliktscheu ist, muß er ständig auf den Tisch hauen und seine Autorität beweisen. Doch das ist nicht männlich, sondern ein Zerrbild des Mannes. Dahinter spürt man die Angst, daß er entthront und in seiner Unfehlbarkeit in Frage gestellt werden könnte. Männer, die keine positive Vatererfahrung gemacht haben, sind stets mißtrauisch. Sie haben den Eindruck, sie müßten sich ständig beweisen. Weil sie nicht in sich ruhen, müssen sie ruhelos aktiv werden, um zu beweisen, wie viel männliche Kraft in ihnen steckt.

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Doch diese Kraft wirkt ohne gute Vatererfahrung meistens zerstörerisch. Sie baut nicht auf, weil sie narzistisch ist. Es geht nicht um die Lust, etwas zu gestalten, sondern um den Druck, sich beweisen zu müssen, um endlich vom Vater gesehen zu werden. In der Politik sehen wir, wie solche Vaterlosigkeit verheerend wirkt. Man benutzt ein ganzes Volk, um seine Vaterwunden auszuagieren.

Aus: Kämpfen und Lieben

Herzlichst

Evelyn

Mentorin auf Zeit


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