Leben und Tod liegen ganz dicht beieinander

Garten 2010

© Evelyn Worbs

Die Loveparade hat Geschichte geschrieben.

Sie begann 1989 in Berlin aufgrund einer Initiative des DJ’s Dr. Motte mit damals noch sehr geringer Teilnehmerzahl, jedoch mit jährlich wachsender Menge, die im Laufe der Jahre auf über 1.000.000 Raver anwuchs.

Junge Menschen, aus allen Herren Ländern, kamen extra angereist, um an diesem fröhlichen, wenn auch immer wieder kontrovers diskutiertem Event teilzunehmen. Sparten dafür, um sich die Reise leisten zu können und trugen die  Botschaft „Love Is Everywhere“ in die Welt heraus. Life-Übertragungen aus allen Herren Ländern begleiteten dieses Festival.

Am 24.07.2010 fand dieses ausgelassene und fröhliche Festival in Duisburg statt. Ganz viele – und vor allem junge – Menschen freuten sich darauf. Trafen Vorbereitungen, verabredeten sich mit Freunden um gemeinsam friedlich und zugleich fröhlich zu Techno-Musik zu tanzen, zu feiern, Spaß zu haben und so strömten sie in Massen zu dem Veranstaltungsort.

Doch dieses Jahr endete die Loveparade in einer Tragödie, bei der 21 Menschen ihr Leben verloren und ganz, ganz viele Menschen schwer verletzt wurden,  körperlich wie seelisch:

  • Familien, die Angehörige verloren, werden diesen Tag nie vergessen.  Der Schmerz über den Verlust ihres Kindes/Familienmitgliedes wird sie ein Leben lang begleiten.
  • Auch die Menschen, die ihre Freunde verloren, werden ewig an diesen Tag zurück denken.
  • Und erst recht die Menschen, die die Katastrophe direkt miterlebten, die der Massenpanik direkt ausgesetzt waren, werden mit diesem Trauma lange Zeit ihre schwere Not haben.

Ihnen zum Trost widme ich dieses Lied:

Am 31.07.2010 fand der Gedenkgottesdienst statt. Das Fernsehen zeigte erneut die Bilder der Katastrophe, Bilder der Massenpanik von den im Tunnel eingeschlossenen Menschen, Bilder der Hilfesuchenden, Bilder der Hilfegebenden, der … Und wir sahen und hörten die Betroffenheit von Politikern, Polizisten, Feuerwehrmänner, Rettungsdienst, Ärzteschaft… Die Ministerpräsidentin Kraft hielt eine emotionale, berührende Ansprache. –

Der Ruf nach Gerechtigkeit und Strafe wird laut und es wird die Übernahme von Verantwortung gefordert. Vom Veranstalter, von den Behörden, von den … und das zu Recht. Es wird nach schärferen Gesetzen verlangt. Ich denke allerdings, daß wir diesbezüglich gute  Gesetze bzw. Vorschriften haben, wenn diese denn wirklich auch umgesetzt werden.

© Evelyn Worbs

© Evelyn Worbs

Und auch der öffentliche Dienst in Form von Politikern, Behörden, Kontrolleuren etc. sei hier angesprochen. Was ist mit deren Anteil an der Katastrophe? Überall sitzen und arbeiten Menschen. Menschen mit Werten.  Menschen, die selbst Familie haben. Menschen mit Gefühlen und Bedürfnissen. Menschen, die für die Sicherheit ihrer Mitmenschen zuständig sind.

Diese Menschen tragen – jeder für sich – ihren Anteil an dem Geschehen. Da wird die eigene Verantwortung abgelehnt, auf andere verwiesen. Jeder erklärt sich für unbeteiligt, die anderen waren es … Welche Werte werden da gelebt bzw. gezeigt?

Die Aufklärung des Sachverhaltes wird dadurch erschwert und seine Zeit in Anspruch nehmen – und irgendwann ist es einfach „nur noch“ Geschichte. Und die Opfer werden erleben, daß sie in ihrer Not allein sind und sich die Frage stellen: Warum?

Was hält die Beteiligten der Veranstaltung davon ab zu sagen:

  • Ich hab einen Fehler gemacht?
  • Ich hätte NEIN sagen müssen zu …
  • Es tut mir so leid …

Sind diese Menschen unsere bzw. die Vorbilder für unsere heutige Jugend? Vorbilder für die jungen Menschen, die die Verantwortlichen von Morgen sind? Was lernen sie daraus?

Ich wünsche mir, daß dieses Geschehen dazu führt, die eigenen Werte, das eigene Handeln neu zu überdenken. Wieder das Miteinander in den Vordergrund zu stellen. Eigenverantwortung zu zeigen, was auch bedeutet für die Konsequenzen persönlich einzustehen. Dann hätte diese Tragödie und der Tod so vieler  Menschen einen Sinn.

Und ich wünsche mir aus ganzem Herzen, daß die Betroffenen psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen, die ihnen dabei hilft, den Schmerz, den Zorn, die Wut, die Trauer, die Angst zu verarbeiten, damit das erlebte Trauma seinen Schrecken verliert und wieder ein freies Leben gelebt werden kann.

Evelyn

Nachtrag vom  12.07.2011
Schon spannend, wenn ich diesen Artikel lese. Wie ist das nun mit der Übernahme von Eigen-Verantwortung?


1 Kommentar

  1. 1. Sabine

    Kommentar vom 2. August 2010 um 12:54

    Liebe Evelyn,
    Du hast für diese Tragödie sehr bewegende und zutreffende Worte gefunden. Was kann man da noch hinzu fügen? Ich bin zutiefst erschüttert darüber.

    Viele liebe Grüße
    Sabine

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