Wenn Scham krank macht
29. April 2011 von admin | kein Kommentar
Verstehen und überwinden von Schamgefühlen. Scham hat viele Gesichter.
Von Kindheit an wird Schamgefühl vermittelt und kann mitunter das ganze Leben netativ prägen. Durch seine eigenen Erfahrungen und anhand von Therapiebeispielen beschreibt John Bradshaw, wie vielschichtig Scham ist, welchen Unterschied es gibt zwischen *gesunder* und *krank machender* Scham und wie versteckt sie unser Leben bestimmt.
Der Autor hat in langjähriger Praxis Methoden entwickelt und zeigt in diesem Buch, wie man sich mithilfe von Affirmationen, Visualisierungen, Meditationen und anderen bewährten Techniken von krank machenden Schamgefühlen befreien kann.
Hier ein Auszug aus dem Buch:
Sucht nach Traurigkeit, Angst, Erregung, religiöser Rechtschaffenheit und Freude
Jedes Gefühl kann süchtig machen. Die meisten von uns können sich einen Menschen vorstellen, der süchtig nach Melancholie, Angst oder Furch ist. Ich begegne häufig Leuten, die süchtig nach Freude sind. Ihr Gesicht zeigt ständig ein eingefrorenes Lächeln. Sie sind nie zornig und sprechen nur über glückliche und fröhliche Dinge.
Das Gefühl der Rechtschaffenheit ist der wichtigste Stimmungsveränderer für Menschen, die süchtig nach Religion sind. Diese Suche nach Religion stellt ein großes Problem unserer Gesellschaft dar. Sie ist möglicherweise die gefährlichste aller Suchtformen, weil es für den Betroffenen so schwer ist, sich von den Wahnvorstellungen und der Verlogenheit zu befreien. Was kann falsch daran sein, wenn man Gott liebt und in seinem Leben Gutes tut, um der Menschheit zu dienen?
Während ich dies schreibe, fällt mir die Tochter eines Pfarrers ein, die ich beraten habe. Sie war bis in ihre tiefste Seele schamgebunden. Sie betrachtete sich selbst als die „Hure von Babylon“. Ihr ebenfalls schamgebundener Vater, ein selbstgerechter Pfarrer, hatte sich nicht um sie gekümmert und sie allein gelassen. Er war so sehr damit beschäftigt, Seelen zu retten und der strahlende „Mr. Wonderful“ zu sein, daß er keine Zeit für sie gehabt hatte.
Ich kann mich an eine Konferenz erinnern, an der er und seine korpulente Frau teilgenommen hatten. Er hatte immer noch seine angeberische Art und war auf eine passive Weise aggressiv. Solche Menschen sind gefährlich. Sie verbergen ihre Scham hinter Selbstgerechtigkeit und übertragen sie auf ihre Kinder und Schüler.
Wenn Sie unter einer Zornphobie leiden, das heißt, wenn Sie eine panische Angst vor ihrem eigenen Zorn haben, dann können Sie statt dessen immer traurig sein. Ihre Traurigkeit dient dann als Stimmungsveränderer für ihre Wut.
Wenn Sie aus einer gestörten Familie kommen, in der Sie nie wußten, was als nächstes passieren würde, dann kann es sein, daß sie glauben, das Leben bestehe aus einer unendlichen Reihe aufregender Ereignisse. Dann haben Sie womöglich gelernt, immer neue und unerwartete Dinge zu suchen, um in sich einen Erregungszustand erzeugen zu können (Sucht nach Erregung).
Persönliche Anmerkung:
Und wir alle kennen Scham, auch wenn wir sie gerne verdrängen, auch deshalb, weil sie uns peinlich ist. Haben Sie sich einmal überlegt, ob vielleicht Scham auch bei Ihnen zu Süchten führt(e) – ob nun Alkohol oder andere Drogen, Essstörungen, Dick/Dünn-Störungen, die Sucht nach Wut oder auch nach Traurigkeit, oder sogar der Sucht nach Schuldgefühlen? Oder ist es mehr die Sucht nach „Denken“?
Sie denken, daß Sie ein gesundes Maß an Scham leben? Welch‘ Illusion. 😉 Sie werden beim Lesen des Buches einige Überraschungen erleben.
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen – und ganz, ganz viele Erkenntnisse. 😉
– Mentorin auf Zeit –