Aufschieberitis durch Schweigen

© Andrea Marchetti

© Andrea Marchetti

Aufschieben auf morgen, auf übermorgen, auf …  Es gibt sogar ein lateinisches Wort dafür: Prokrastination und bedeutet soviel wie die Angewohnheit, notwendige, aber unangenehme Arbeiten immer wieder zu verschieben statt zu erledigen.

Wer erkennt sich darin wieder? Wir erlebten und fühlten, dass uns ein bestimmtes Verhalten unseres Partners, Kollegen oder eines Familienmitgliedes weh tat.  Doch die Angst, nicht mehr geliebt zu werden, zu glauben, dass wir dann die Anerkennung verlieren, verschließt unsere Lippen und wir warten auf einen passenderen Moment, um den Schmerz mitzuteilen. Doch dieser passende Moment wird nie mehr wieder kommen, denn der Zeitpunkt war ja bereits da, um unseren Schmerz ob des Verhaltens des anderen auszudrücken. Wir ließen ihn vergehen – ließen die Chance ungenutzt.

Und so kommen immer weitere Schmerzen hinzu, einfach, weil wir es nie lernten bzw. lernen durften, uns selbst zu vertrauen, uns selbst mit Klarheit und Mitgefühl zu begegnen und so  zu dem Anderen zu sagen: Stop! Unser erlerntes Schweigen, erlernt durch das, was uns vorgelebt wurde, führt lediglich dazu, dass solcherlei Situationen immer häufiger in unser Leben treten.

© Andrea Marchetti

Und so verkrampfen und verbiegen wir uns immer mehr. Krankheiten entstehen, Angst und Scham steigen und wir bauen in uns  immer mehr Druck auf, um Fehler zu vermeiden. Wir (er)lernen möglichst perfekt zu werden/zu sein und versuchen – mit Überanpassung und  mit es dem Anderen Recht machen wollen – zu erreichen, dass uns solcherlei verletzende Situationen nicht mehr begegnen. Und erreichen damit lediglich das Gegenteil.  Denn dieses Verhalten verletzt nur einen: uns selbst und so führen wir den erlernten Missbrauch mit uns weiter.

Diese Konditionierung beginnt bereits in dem Augenblick, wo wir das Licht dieser Welt erblicken und setzt sich fort. Und oftmals beginnt es noch viel früher: wenn die werdende Mutter das noch ungeborene Kind ablehnt und abtreiben will. Schon hier wird das Fundament angelegt für: Du bist unerwünscht und wertlos.

© Andrea Marchetti

Ein Kreislauf der Selbstverleugnung und fehlendem Vertrauen ins eigene Erleben bzw. in die eigenen Gefühle findet hier seinen Anfang.

Und so entstehen im Laufe der Zeit Persönlichkeitsstörungen, verbunden mit neurotischen Konflikten wie Angst vor Versagen, Erfolg, Alleinsein, Nähe, Ärger, Abhängigkeit, Ohnmacht, Scham und mangelndem Selbstwert bzw. mangelnder Selbstachtung.

Und wenn wir Glück haben, kommt in unser Leben eine Situation, die uns  den Fußboden unter den Füßen wegzieht und wir erkennen, daß wir zwar überlebten – das Leben selbst jedoch gar nicht kennen. Und dann kann Wandel geschehen.

Frage:
Wem wollen Sie es gerade recht machen?
Und vor allem: weshalb bzw. wozu?

Wer mehr zu Prokrastination wissen möchte klickt hier

Herzlichst

Evelyn

Mentorin auf Zeit


3 Kommentare

  1. 1. Erfolg ist lernbar

    Kommentar vom 26. Dezember 2009 um 23:26

    Aufschieberitis kann unglaublich viele Ursachen haben. Ängste, anerzogene Verhaltensmuster, beispielsweise, wenn das Kind lernt, dass es am besten ist, wenn es nichts tut (und dann auch für nichts bestraft oder angeschrieen wird) usw.
    Astrologisch betrachtet bedeutet Aufschieberitis, dass derjenige Mensch nicht in seiner Widderkraft drin ist. Der Widder-Anteil im Menschen hat die Fähigkeit alles sofort zu erledigen. Dinge sofort zu erledigen ist eine Angewohnheit, die alle erfolgreichen Menschen haben. Es gibt keine einzige Führerpersönlichkeit, die diese Fähigkeit nicht hat.

    Grüße von Andreas

  2. 2. Evelyn

    Kommentar vom 27. Dezember 2009 um 11:13

    Hallo Andreas,
    danke für diese Sichtweise – und den Link. Finde ich sehr gut und hoffe, daß viele ihn sich ansehen. Da ist für jeden von uns etwas dabei.

    Und ja, die Aufschieberitis kennen wir auch alle. Dafür sind wir Menschen. Doch ist es wichtig, dies zu erkennen. Und dann kann Veränderung erfolgen. Wie heißt es doch so schön: Ist der Schüler bereit, kommt der Lehrer.

    In diesem Sinne – Evelyn

  3. 3. Tobias

    Kommentar vom 13. Januar 2011 um 22:26

    Ja, das ist schon so ein Fortschritt, dass das nicht mehr nur als Charakterschwäche gesehen wird.
    Bei der Uni-Münster gibt es Hilfsangebote und auch einen Test:
    http://wwwpsy.uni-muenster.de/Prokrastinationsambulanz/Angebote_Test.html

    Alles Liebe Tobias

Einen Kommentar schreiben