Intimrasur

Claudio Michele Mancini

Immer wieder ein heißes Thema, das unterschiedlich – gerade in Beziehungen – gehandhabt wird.

Claudio Michele Mancini hat so seine eigene Betrachtungsweise:

Schopenhauer bemerkte einst: Die Rasur ist der Beweis höherer Zivilisation. Natürlich hat er damit die Männer gemeint. Und immer standen sie vor der Frage: »Soll ich mich jetzt rasieren oder lieber die Zeit dafür nutzen, die Welt zu retten.«  Heute bestimmen Frauen, Mode und Aussehen unser Leben. Gemeinschaftsduscher, Saunabesucher ebenso wie Swinger, sie wissen Bescheid. Sie haben es alle schon einmal gesehen, wenn nicht, sogar schon einmal selbst Hand oder Klinge angelegt. Da brauchen wir keine repräsentative Umfrage, die Sache ist trendy, wie etwa der Big Mac bei den Kleinen. Gut, gut, ich kann die Sache ein wenig präzisieren und behaupte, bei den unter 40-Jährigen ist die Do-it-yourself-Methode epidemisch. In der Klasse U 30 sowieso. Mann und Frau spricht zwar selten darüber- zumindest in der Öffentlichkeit nicht, aber tut es umso häufiger. Es gilt also aufzudecken, was in der Hose abgeht. Die Rede ist von der Schamhaar-Rasur.

Bei Frauen, so scheint es, gehört sie bereits seit längerem zum Kosmetik-Repertoire. Wenn der Ladyshave eingestöpselt und Achseln wie Beine enthaart werden, dann wird auf dem Weg von oben nach unten mit dem kleinen brummenden Ding der Einfachheit halber gleich mal durchrasiert. Man kann darüber spekulieren, ob Ästhetik, Hygiene oder Trend die Frau von Welt zur Radikal-Enthaarung antreibt. Geschmacksache – könnte man sagen. Erregend finden es die einen, für andere hat es eher den Touch von Kinderpornographie.

Claudio Michele Mancini

Zwischenzeitlich haben auch die Männer nachgezogen, besser gesagt nachrasiert. Den Schniedel gänzlich frei zu scheren ist „en vogue“ und begeistern kann sich darüber auch Frau, lassen doch die neuen Ansichten bessere Vergleichsmöglichkeiten zu. Noch vor wenigen Jahren schlich sich mancher Papagallo in Ermangelung männlicher Attribute wie ein dunkler Geselle des Abends zum Perückenmacher und ließ sich ein Brust-Toupet verpassen, heute entledigt er sich schnöde jeden Bewuchses.

Eines ist sicher, der Hygienefaktor alleine kann’s nicht sein, wenn sich alle Welt unterm Gürtel glattrasiert. Sicher, wer sich rasiert, wird sich wohl auch waschen, womit es – so hofft jede Frau -, auch der letzten Filzlaus an den juckreizenden Kragen geht. Sei es wie es ist, immer mehr körperbewusste Zeitgenossen enthaaren sich. Die Werbe-Industrie ist aufmerksam geworden und hat argumentativ brain gestormt. Schließlich gilt es, dem Werkzeugkasten für Enthaarung auf die Sprünge zu helfen.

Man könne, so die Werbung, wie Jan Ullrich, schneller Radfahren oder wie unser aller Franzi die 200 Meter ohne störende Widerstände in kürzerer Zeit durchkraulen. Selbst Schürfwunden sollen angeblich besser heilen, wenn man völlig haarfrei ist. Nun kann ich mich nicht erinnern, jemals Schürfwunden an meinem zweitbesten Stück erlitten zu haben, ganz zu schweigen, dass mir das pelzbefreite Genital beim Fahrradfahren irgendwelche Vorteile gebracht hätte. Gewiss, der Sonnenschutz lässt sich besser auftragen, dennoch ist es mir an den heimischen Stränden noch nicht aufgefallen, dass Damen nahtlose Bräune im Schritt anstreben.

Claudio Michele Mancini

Bei aller Diskussion um dieses sensible Thema spielt meiner Meinung nach die Sorge um körperliche Unversehrtheit eine nicht unwesentliche Rolle. Immerhin besteht, Klingenrasur vorausgesetzt, latente Verletzungsgefahr. Und da so mancher Mann anatomisch gesehen puristisch ausgestattet ist, könnte er bei all dem üppig aufgetragenen Rasierschaum leicht den Überblick verlieren und eine Kleinigkeit übersehen. Auch wenn der Hersteller geschärfter Klingen weltweit behauptet – Gillette sei das Beste am Mann, hege ich berechtigte Zweifel.

Nun gut, die militanten Intimrasierer schrecken vor keinen Gefahren zurück. Während sich die Damen seit Jahr und Tag auf ein breites Hilfsmittel-Sortiment wie Pinzette, Wachs, Pflaster, Cremes oder Shaver verlassen, greift der Mann todesmutig zu Rasiermesser. Er ist so sehr darauf fixiert, dass er bei allem Arbeitsseifer zwischen dem Gemächt, jene in der Nase und an den Ohren vergisst. Und die sind wahrlich kein Augenschmaus. Wie dem auch sei, die Entfernung des zarten Pelzes in der Hose dürfte kaum Relevanz haben, den Luftwiderstand beim Hochleistungssport zu verringern. Ob es beim Beischlaf zur Leistungssteigerung führt, bleibt allerdings fraglich.

Claudio Michele Mancini

Bei den meisten konservativen Frauen ist die Rasur ohnehin nicht das zentrale Thema. Da gibt es im Eheleben durchaus auch die einen oder anderen Reibungspunkte oder Missverständnisse. Doch auch hier scheinen sich  motivatorisch-emotionale Trendwenden durchzusetzen. Insbesondere dann, wenn der Haussegen schief hängt.

Reagieren Männer beispielsweise aggressiv wegen kleiner Fehltritte oder anderer Bagatellen und sprechen in so scharfem Ton mit ihren Frauen, dass man sich mit ihren Worten rasieren könnte, ist anzuraten, das Gespräch hinterher mit After-Shave-Atmosphäre ein wenig zu glätten, bevor sich Frauen ihrer eigenen Waffen besinnen. Und sollte sich der Streit nicht beigelegt und die Gattin urplötzlich sich eine neue Frisur zugelegt und unseren Nassrasierer für ihre Beinrasur missbraucht haben, so ist das in der Regel ein untrügliches Zeichen für Gefahr in Verzug. Dehnen die Damen mit der Klinge jedoch die Haarbeseitigung auf weitere Einzugsgebiete aus, dürfen wir davon ausgehen, dass es vorbei ist mit unseren Exklusivrechten.

Claudio Michele Mancini

Aber es gibt ökonomische Argumente, die etwas für sich haben. Wirtschaftlich gesehen gefährdet die Intimrasur manch zartes Aufschwung-Pflänzchen. Denn kaum hatten sich findige Gründer einer Ich-AG mit einem Schamhaar-Friseur-Salon niedergelassen, schwappte die Ganz-Ab-Welle des kreativen Heimwerkers über ihn hinweg und machte ihm das Geschäft kaputt. Vielleicht kann er sich noch retten, wenn er seinen Salon als Hot-Dog-Bude untervermietet.

Doch halt. Neusten Meldungen nach haben sich in Deutschlands Großstädten Coiffeure auf kunstvolle Damenrasuren spezialisiert. Ähnlich wie bei der Bearbeitung eines englischen Rasens wird gestutzt, gekämmt, vertikutiert, epiliert und tiefgründig belüftet. Inbrünstig fräsen Damenschrittkünstler, erfahren und meisterbebrieft, Ornamente in Lilien-, Herz- und Tannenform ins Schamhaar. Mit meisterlicher Fingerfertigkeit gestalten sie bewucherte Venushügel und erschaffen mit leichter Hand wahre Kunstwerke. Aufs Düngen wird freilich verzichtet, es wird hautschonend gekremt.

Ich bin gespannt, wann die nächste Modewelle auf uns zurollt. Dauergewellte Löwenmähne im Höschen oder sportliche Zöpfchen im Tanga! Haarsprays, Haarlack und Schaumfestiger bringen die Intim-Frisur in Form, ohne zu verkleben. Auch wenn Männer von ihrem besten Stück reden und damit das Teil in ihrer Hose meinen, mein bestes Stück war schon immer der Kopf und mit dem gehe ich zu meinem Friseur um die Ecke. Der Haarschnitt 13 Euro und die Hose lasse ich an!

Claudio Michele Mancini – © Copyright 2011

Danke, mein lieber Claudio, für diesen ebenso köstlichen wie nachdenklich machenden  Beitrag.

Was ich mich gerade frage:

Wie gehen Sie mit diesem so sensiblen Thema um bzw. wie stehen Sie dazu? Welche Bedürfnisse und Gefühle sind dabei von Mann und Frau zu beachten bzw. zu respektieren?

Herzlichst

Evelyn


11 Kommentare

  1. 1. Claudio M. Mancini

    Kommentar vom 2. Juli 2011 um 21:46

    Danke, liebe Evelyn, für die freundliche Publizierung meiner Geschichte, die unter vielen anderen Kurzgeschichten in dem Buch SATIRIX, Roderverlag – ISBN 9783940932174 zu finden ist.

    Grüße
    Claudio

  2. 2. Frauke Danker

    Kommentar vom 3. Juli 2011 um 22:42

    ‎:-) 🙂 🙂 ich lach mich weg! Vor allem,weil ich gerade darüber nachdachte, wie ich meinen orientalischen Freunden meine Nacktbilder offeriere? Was mache ich mit dem sichtbaren Haarbewuchs, der jedem Muslimen Schweißperlen des Ekels von der Stirn rinnen ließe, obwohl ich seit Jahren darin geübt bin,die untere Haartracht in Herzchenform zu trimmen…

    Allerdings sollstst Du einen guten englischen Coiffeur fragen: „Please, wash my hairs and lay me!”… Entweder lacht der Friseur oder schmeißt Dich aus seinem Salon. Das hat der Plural gewöhnte Deutsche nun davon: Hairs sind Schamhaare. Und die sollen nun aller Öffentlichkeit gewaschen werden? Also bitte nur hair. Das sind alle Haare auf dem Kopf und nicht nur eine Strähne. Und lay me auch noch? Das kannst Du wirklich nicht von einem soliden Friseur verlangen, lay me. Bitte das zu Hause Deinen Partner oder…in, nutze dazu verschwiegene Eckchen oder einsame Strände. Das macht man für gewöhnlich keineswegs in einem englischen Friseurgeschäft, höchstens in einem Stundenhotel, wenn Du dem Friseur gefällst, er Lust dazu hat und so geartet ist…

    Und nun noch mein Sohn, der nichts mehr dem Zufall überlässt, sondern sich vor jedem Turtelstündchen auffällig lange im Bad einschließt, um endlich haarbefreit wieder herauszutreten–Junge ,da gibt es nix Spontanes mehr, denn wer möchte gern im Stoppelfeld grasen?

    Und so allmählich kommt mir der Gedanke, dass ich mich dem anschließen müsste und als Nacktschnecke den Rest meiner Tage verbringen muss, um nicht das verächtliche Naserümpfen meines Sohnes zu ertragen,wenn er unversehens das Bad betritt. Ich schließe mich ja nicht ein, denn noch pflege ich den Wildwuchs der unteren Region und putze mich nicht haarlos glatt.
    © F.D.aus I’m German… .

  3. 3. George Tenner

    Kommentar vom 4. Juli 2011 um 06:54

    Kurz und schmerzlos: Frauke, ich lache mit Dir.
    Eine Frau ohne Haare im Schritt ist wie eine Suppe ohne Salz. Und auf den haarlosen Schniedelwutz warte ich geduldig, bis das Alter die Rasierklinge ersetzt.
    Gruß George, der für dererlei Betrachtungen nur wenig Zeit hat.

  4. 4. Claudio M. Mancini

    Kommentar vom 4. Juli 2011 um 10:54

    …dieser George spricht mir aus der Seele. Fade Suppen sind mir ein Gräuel!

  5. 5. Jo Graetz

    Kommentar vom 4. Juli 2011 um 22:05

    In meinem Beruf ist das ja seit langem ein leidiges Thema. Ich beneide Helmut Newton über alles. Damals war eine Frau schon von weitem sichtbar eine Frau. Das Dreieck zwischen den Beinen markierte sie wie ein „V“ für die „Venus“. In den 80ern begann man das Dreieck in individuellen Formen zu trimmen, was den Reiz noch erhöhte.
    Heute sehen alle vorne aus wie hinten – nur kleiner. Durch die neuen Techniken der Bildbearbeitung haben auch noch alle Frauen den gleichen Idealkörper und das Püppchengesicht.
    Ich suche seit langem Models mit (natürlich gepflegter) Schambehaarung. Die gucken mich alle an als wär ich ein Perverser. Wenn ICH mir aber die kindlichen Nacktschnecken anguck fühl ICH mich als Perverser.
    Die neuesten Trendmeldungen aus den Waxing-Studios lassen allerdings wieder hoffen … :-))

  6. 6. Evelyn

    Kommentar vom 4. Juli 2011 um 23:25

    Lieber Jo,

    ich verstehe Dich da sooooooo gut. Und Deine Aufnahmen sind einfach traumhaft! Und ich durfte davon einige hier in Berlin anläßlich Deiner Ausstellung sehen. Welch ein Genuß!!! Ich schwelge heute noch. Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß Du noch das eine oder andere Vollweib vor die Linse bekommst – denn davon gibt es zahlreiche.

    Und laß Dir von keiner/keinem einreden, Du seiest ein Perverser und fühlen schon gar nicht! Du weißt doch: Mode kommt, Mode geht …

    Bis dann – Evelyn

  7. 7. Evelyn

    Kommentar vom 4. Juli 2011 um 23:28

    Frauke, ich sitze hier und lache herzhaft! Danke für Deine Anmerkungen. 😉 Welch ein Glück, daß in Eurer Familie der Humor soooo groß geschrieben wird!

  8. 8. Edwin Platt

    Kommentar vom 8. Juli 2011 um 13:53

    Manche Damen mögen Männer mit Bart küssen. Manche mögen sogar den drei Tage Bart Träger. Andere lieben glattrasierte Herren. Einige mögen auf nichts verzichten, wollen alles probiert haben. Wie geht es Mann? Ist mir egal. Ich hab was. Ich denk gern an gehabtes. Kein Haar in der Suppe, stört den Geschmack der Suppe. Und beidseitiges Verlangen stört sich nicht an mit oder ohne.

  9. 9. Claudia Schröder

    Kommentar vom 14. Juli 2011 um 15:39

    Was haben eine Intimrasur und Barack Obama gemein?

    Der Bush ist weg!

  10. 10. Karin Meyer

    Kommentar vom 21. September 2012 um 22:55

    Nach herzhaften Lachen muß ich Danke sagen für diesen Kommentar….LG Karin

  11. 11. Sebastian

    Kommentar vom 29. September 2017 um 10:47

    Naja das sieht man wieder wie die Zeit den Menschen verändern, wer weiß was in 30 Jahren „in“ ist?

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