Die Ehrlichkeit der Sprache im Krankheitsfall
12. August 2012 von admin | kein Kommentar
Obwohl sich viele Menschen in einem Dauerzustand von Krankheit befinden, ist Kranksein eine extreme Situation. Extrem bedeutet, daß wir am Ende eines Weges angekommen sind. Wenn es irgendwo nicht mehr weiter geht, leuchtet ein Signalsystem auf. Zum Beispiel sagt ein hochroter Fieberkopf: Stopp! Hier nicht weiter! Extreme Situationen drücken sich natürlich auch sprachlich aus. Deshalb sind gerade Krankheiten sehr interessant für die Spurensuche unseres Menschseins in der Sprache.
Wenn wir die Haltesignale, die unser Körper aussendet, fortlaufend überrennen, werden wir krank. Ist es sinnvoll, Haltesignale zu entfernen? Wohl kaum. Trotzdem gibt es viele „Aufschneider“ unter den Ärzten.Wenn die Ölkontrollleuchte unseres Fahrzeuges blinkt, drehen wir auch nicht die Birne heraus. Ein schmerzender Blinddarm? Der ist eh blind, zählt nicht, weg damit! Wir müssen den Dingen nur den entsprechenden Namen geben, um das „Bösartige“ bekämpfen und abschaffen zu dürfen.
Schließlich sieht der Patient angegriffen aus. Angriff ist die beste Verteidigung. Dass der Kranke sich letztlich selbst angegriffen und seine Krankheit verursacht hat, wird bedauerlicherweise übersehen. Wir schütten das Kind mit dem Bade aus!
Die Sprache verrät uns, was zu tun ist, wenn wir uns erfolgreich angegriffen haben. Der Patienst muß sich tatsächlich in Geduld üben – patient = geduldig. Der Begriff „dulden“ geht zurück auf die indogermanische Wurzel tel- und bedeutet aufheben, wägen, tragen, was wir auch im lateinischen „tolerare“ und im deutschen „tolerieren“ finden.
Aufheben paßt zum Krankheits-Fall und im Wägen wird ein neues Gleichgewicht geschaffen. Nur wer mit sich im Gleichgewicht ist, kann Aufgetragenes tragen. Ohne dieses sind wir mit Ausloten beschäftigt. Das Gegenteil von Dulden ist Klagen, Jammern, Beschweren. Die Krankheitsbeschwerde ist das Beschwerdespiel mit uns selbst. Geduld, Gelassenheit und Ruhe werden gerade in unserer Leistungsgesellschaft sträflich vernachlässigt. Auf das Nonstopp-in-Aktion-Sein folgt Krankheit als „Strafe“. Die Strafe ist aber nicht von Gott geschickt, sondern von uns selbst provoziert worden.
Strafen kommt von Straffen, so wie die alten Zimmermansleute Holz strafften, also gewelltes Holz strafften und ausrichteten. In der Krankheitsstrafe wird das, was außer Rand und Band ist, neu, aber langsam wieder (ein)gespannt. Wie spannend! Krankheit ist eine Auszeit. Entspannung und Spannung kommen ins Gleichgewicht. Ähnlich funkioniert die Schaltzentrale des eomotionalen Gehirns. Dieses hat zwei Stränge: Den Sympathikus und den Parasympathikus.Der Sympathikus steuert Kampf, Flucht und beschleunigt unser Herz. Der Parasympathikus verlangsamt und entspannt.
– Aus: Du bist was Du sagst (siehe Buchempfehlung) –
Ich habe hier bewusst einmal diese Passage aus dem Buch wieder gegeben. Krankheit wird überwiegend als Strafe angesehen – und wir erfahren dennoch dadurch viel Mitgefühl und vor allem Aufmerksamkeit. Schließlich trifft uns das „einfach“.
Wenn Du diese Zeilen liest, welche Gedanken kommen dabei in Dir hoch? Welche Gefühle zeigen sich Dir? Wo bist Du im Widerstand? Worin liegt Dein Anteil an Deiner Krankheit? Welchen Nutzen ziehst Du aus Deiner Krankheit?
Es wäre schön, wenn Du Dich einmal darauf einlassen könntest, diese Sicht zu übernehmen, nämlich daß es in Deiner Macht liegt, ob Du weiter krank sein möchtest oder Dich selbst auf den Weg machst, in die eigene Heilung zu kommen. Jede (Aus)Wirkung hat eine Ursache. Auch ein Krebs ist alles andere als „einfach“ da … Wenn Du damit aufhörst, Dich emotional selbst zu missbrauchen, ist der erste Schritt in die Heilung getan.
Herzlichst
Mentorin auf Zeit