Es reicht – Schluss mit dem Hartz-Terror!

© Jo Graetz

Ich kann nicht mehr. Mir platzt der Kragen. Wie so vielen von uns.Nein, es ist nicht das Wasser, das mir bis zum Halse steht. Es ist diese Wut, dieser Zorn, die den Druck in mir ausmachen. Wut oder Zorn, ich schwanke hin und her, weiß das eine nicht so deutlich von dem anderen zu differenzieren. Georg Schramm, der Kabarettist, erklärt uns das, zitiert locker mal einen Papst aus dem 7. Jahrhundert. Schramm, der kann das, der Mann ist Psychologe, „von Haus aus“, wie wir umgangssprachlich sagen.

Ich jedoch will Wut und Zorn gar nicht so deutlich trennen, in mir herrscht eine Melange aus beidem. Aus Wut und Zorn. Dem ungerichteten Wüten (einem Gemütsausdruck) und meinem unbändigen, sehr gezielten Aufbegehren. Der Zorn, der gründet tief, kennt einen Gegner, einen Feind sogar!

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Ich spüre, wie mich die Wut, dieser Gemütsausdruck, fesselt, mich abhält, das zu tun, was ich mir zornig vorgenommen habe. Ich wollte weiter schreiben, über das Unrecht, das das Land in seine Gewalt genommen hat.

Ich will es nicht glauben, dass die erkennbare Verrohung unserer Gesellschaft, die sich m.E. ganz besonders im Hartz IV- Unrechtsystem eingeschlichen hat, allein meiner subjektiven Wahrnehmung geschuldet ist. Fast täglich erreichen uns neue Horrorgeschichten, die qua Verwaltungsakt in die Welt gesetzt werden:

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So mussten wir in den letzten Tagen erfahren, dass die Jobcenter Mahnschreiben und Schuldenbriefe selbst an minderjährige Kinder in Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften verschicken. Auch hier handeln die Behörden offensichtlich höchst rechtswidrig, hat doch das BverG Ende der 90iger Jahre Pfändungen bei Kindern und Jugendlichen eindeutig untersagt. Danach darf niemand, auch kein Jobcenter, bei Kindern und Jugendlichen Schulden eintreiben. Diese Rechtsauffassung ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerG), des Bundessozialgerichtes (BSG) sowie durch § 1629a BGB hinreichend gesichert.

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In Halle (Saale) schickt das Jobcenter den Gerichtsvollzieher los, um sage und schreibe über 4000 € bei einer jungen Leistungsempfängerin einzutreiben. Die seinerzeit schwangere Frau hatte zusätzliche Leistungen für die Baby-Erstaustattung sowie für Schwangerschaftskleidung beantragt, die Leistung wurde aber nie bewilligt! Wenig später wurde ihr Kind tot geboren, dem Jobcenter wurde dieses tragische Ereignis umgehend mitgeteilt. Dennoch bestand die Behörde auf ihre Forderung, völlig unbegründet und rechtswidrig. Welcher psychischen Belastung die junge Frau damit ausgesetzt wurde, dürfte für Außenstehende kaum ermesslich sein.

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Im Kreis Höxter werden offensichtlich Alleinerziehende systematisch unter Druck gesetzt. Es liegen glaubwürdige Berichte über Schikanen vor, selbst wenn Kleinstkinder schwer erkrankt sind, werden Mütter dazu gedrängt, eine Arbeit aufzunehmen. Im vorliegenden Fall ist das Kind erst zwei Jahre alt, nach dem Gesetz ist die Erziehungsberechtigte gar nicht zur Arbeitsaufnahme gezwungen. Auch hier ein klarer Verstoß gegen geltendes Recht, verübt von Behördenmitarbeitern, die offenbar willfährig den Anweisungen ihrer Vorgesetzten folgen.

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An anderer Stelle wird eine Leistungsempfängerin dazu aufgefordert, ihre hoch betagte und lebensbedrohlich erkrankte Mutter auf das Erbpflichtteil zu verklagen und dieses aufzuzehren, bevor die Börde auch nur gewillt ist, den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II anzunehmen. Ohne jegliche Rechtsgrundlage, bar jeder Verwaltungsvorschrift und eindeutig rechtswidrig.

Ich will an dieser Stelle gar nicht erst auf die Sanktionspraxis im SGB II eingehen, auch diese ist nach der gängigen Rechtsprechung nicht mit geltendem Recht vereinbar. Auch will ich hier nicht noch einmal erwähnen müssen, dass die Mietkosten flächendeckend nicht den tatsächlichen Bedarfen angeglichen werden, trotz jüngster höchstrichterlicher Entscheidungen. Ich will gar nicht mehr darauf hinweisen müssen, dass geschätzten 700.000 Haushalten in diesem Jahr die Energielieferungen eingestellt wurden, weil diese aus den zugebilligten Leistungen nicht zu finanzieren sind. Wir lesen zunehmend von Todesfällen, von Menschen die verhungern oder erfrieren, wer aufmerksam hinschaut kann unschwer erkennen, dass die Zahl der Obdachlosen erschreckende Ausmaße annimmt.

© Jo Graetz

Wir finden also unzählige Beispiele für Willkürentscheidungen und offenen Rechtsbruch durch die Jobcenter. Dabei unterliegen Beamte doch einer besonderen Pflicht zur Rechts- und Verfassungstreue, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt. Aber im Rechtskreis des SGB II scheinen alle elementaren Rechtsgrundsätze außer Kraft gesetzt.

Ich habe bereits an anderer Stelle die Frage aufgeworfen, ob Politiker auch nur eine Ahnung davon haben, was Verwaltungsbeamte aus einem Gesetz machen können. Doch diese Frage kann heute keiner Entlastung der Politik mehr dienen, zu deutlich sind die Folgen, als dass sie übersehen werden könnten. Und dennoch schweigen die Verantwortlichen!

Egal ob Wut oder Zorn unser Motor ist, wir sollten die Täter  aus ihren Ämtern und Mandaten jagen.

Es reicht!

(Norbert Wiersbin)

Ich danke Dir, lieber Norbert, für diesen engagierten Beitrag. Ja, vieles läuft aus dem Ruder. Und am wenigsten machen sich die Gedanken, die heute noch in „Lohn und Brot“ stehen – ohne zu wissen, daß es sie bereits auch morgen treffen kann.

Herzlichst

Evelyn

Mentorin auf Zeit


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