Der Lilith Komplex – Die dunklen Seiten der Mütterlichkeit

© Andrea Marchetti

Autor ist Hans-Joachim Maaz

Lilith – das tabuisierte Weibliche. Lilith und Eva – die beiden mythischen Frauenfiguren verkörpern scheinbar gegensätzliche Prinzipien des Weiblichen. Eva, der aufopferungsbereiten Frau und Mutter, steht die vom Patriachat dämonisierte Lilith gegenüber, unabhängig und sexuell aktiv. Hans-Joachim Maaz zeigt die Probleme auf, die sich aus dieser Dualität ergeben und weist Wege zu einer Versöhnung.

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Lilith wurde von Adam verstoßen, Eva aus seiner Rippe geschaffen. Die beiden mythischen Frauenfiguren verkörpern Prinzipien des Weiblichen, die bis heute nicht versöhnt sind. Das ist die Ursache für ein verlogenes Bild von Mütterlichkeit mitsamt seinen negativen Auswirkungen für unsere Gesellschaft:

  • Lebensgemeinschaften zerbrechen immer häufiger,
  • Frauen erleben sich in ihrer Rolle als Mutter um wesentliche Aspekte ihrer Weiblichkeit betrogen,
  • Eltern stehen den Wünschen und Ansprüchen ihrer Kinder oft hilflos gegenüber.

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In vielen Beziehungsstörungen Erwachsener spiegelt sich eine grundsätzliche Störung des Mutter-Kind-Verhältnisses wider, Resultat eines Bildes von Mütterlichkeit, das von der Gestalt der ihre eigenen Bedürfnisse unterordnenden und aufopferungsbereiten Eva geprägt ist und der Realität heute nicht mehr entspricht. Der Lilith-Komplex, also die Tabuisierung dieses Aspekts und die daraus resultierende Schuld, ist kulturell tief verankert, wird in der frühen Mutter-Kind-Beziehung reaktiviert und damit weitergetragen.

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Persönliche Anmerkung:

Mich hat das Buch von der ersten bis zur letzten Seite vollständig begeistert, zumal sich der Autor auch mit der gesellschaftlichen Seite dieses Themas auseinander setzt.  Das Buch bestätigt viele meiner selbst gemachten Erfahrungen, zeigt hier und da immer wieder Facetten auf, die wir beachten dürfen statt sie weiter zu verdrängen.

Hier einige Auszüge aus dem Buch:

Die Folgen der Mutterverwöhnung
Das Hauptproblem der Mutterverwöhnung ist der Irrtum des Kindes, daß das Bemühen seiner Mutter Liebe sei. So jedenfalls wird es meistens angeboten: Das tue ich doch nur aus Liebe zu dir!

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Da es sich aber nicht um Liebe handelt sondern um die abgewehrte und kompensierte Bedürftigkeit der Mutter, bleibt das Kind dennoch im Mangel, obwohl es verwöhnt wird. Häufig besteht diese Verwöhnung auch in einem Übermaß an materieller Zuwendung. Das Kinderzimmer ist voller Spielzeug, nicht selten besonders viele Kuscheltiere, die Ersatzspender von Weichheit und Wärme. Es ist ein Leben in äußerem Wohlstand, ausgestopft mit Markenartikeln und Prestigefetischen, aber ohne emotionale Sättigung.

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Es ist alles da, was man im Grunde genommen nicht braucht. Der geschenkte Überfluß macht den Alltag langweilig. Das Zuviel an Waren, Zuwendungen, Hilfen hinterläßt eine schlaffe Seele und einen abhängigen, passiven und unsicheren Menschen. Manche sind auch auf spezielle Leistungen getrimmt, hochgezüchtet, aber eben nicht wirklich aus eigenem Antrieb und mit eigenen Kräften erfolgreich und infolgedessen zickig, allürenhaft, hochempfindlich und labil: die mit fremden Kräften aufgeblasenen Narzißten.

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Man kann es ihnen schwerlich recht machen, sie mäkeln ständig und bleiben auf ewig unbefriedigt. Sie sind gewohnt zu bekommen, ohne dafür etwas tun zu müssen; sie sind vollgestopft und doch nicht satt, weil nicht die eigenen Bedürfnisse gestillt worden sind, sondern die Bedürftigkeit der Mutter ausagiert wurde.

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Der verborgene Mangel (an Liebe und Selbstbestätigung) macht unsicher und ängstlich. Das Kind hat nicht lernen können, um seine Wünsche zu bitten, für sie zu kämpfen und zu tricksen. Es hat keine Erwartungspannung aufbauen können als Energiespender für kreative Leistungen, um Ersehntes zu erreichen. Der echte Mangel wird duch falsche Fülle erstickt. Der leicht gemachte oder geschenkte Erfolg macht lahm und faul, die Unselbständigkeit und Abhängigkeit lassen den Mutterverwöhnten unsicher und ähnstlich bleiben. Eine Mutterverwöhnung liegt immer ein Muttermangel zugrunde, der durch Muttervergiftung ausgeglichen werden soll.

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Da die wesentlichen Grundbedürfnisse von der Mutter nicht verstanden und befriedigt wurden, statt dessen von ihr aber etwas aufgedrängt wurde, verbleiben ungestillte Sehnsucht und eine Gier nach Ersatzbefriedigung, die man aber möglichst geschenkt und gemacht bekommen möchte. Dabei ist es niemals genug, und nichts ist wirklich richtig. Maßlosigkeit, Bequemlichkeit, Anspruchsdenken, Prahlerei und Nörgelei bestimmen das Leben und vergiften das Zusammenleben.

© Andrea Marchetti

Ein Buch, welches ohne Schuldzuweisungen auskommt und dennoch auf unsere täglichen, gelebten Konditionierungen aufmerksam macht.

Ein Buch, das wach machen kann, wenn man/frau denn will.

Ein Buch, das aufzeigt, wie subtil von Eltern Anker gelegt werden, die uns ein Leben lang begleiten (können). Und so ganz „nebenbei“ bin ich wieder einmal mehr auf zwei weitere Glaubenssätze bei mir selbst gestoßen, mit denen ich mich auseinander setzen durfte.

© Andrea Marchetti

Ein Buch, das jede Frau und jeder Mann lesen darf.

Einfach deshalb, um sich selbst und die eigenen Beweggründe für das Handeln besser zu verstehen; um ein Bewusstsein zu schaffen für die Verstrickungen, denen wir alle ausgesetzt sind. Ursache und Wirkung – sie zeigen sich in unseren täglichen Erlebnissen, zeigen ihre Auswirkungen in unserer Gesellschaft. Und wenn wir uns – wie so viele täglich verbal verkünden – Veränderungen bei anderen „wünschen“, dann hilft dieses Buch, bei sich selbst erst einmal anzufangen.

© Andrea Marchetti

Ich erinnere mich z.B. gerade beim Schreiben dieses Beitrages an eine geschiedene  Klientin, die stolz darauf war, daß ihr erwachsener Sohn bei allen Entscheidungen, die von ihm zu treffen waren, ihr Votum abholte und danach handelte. Sie war stolz darauf, daß er Frauen lediglich als netten Zeitvertreib „benutzte“ statt eine ernsthafte Verbindung einzugehen – sie war immer noch die Nr. 1 in seinem Leben. Wie sehr sie ihm damit – und sich selbst  – schadete, wollte sie alles andere als sehen bzw. erkennen.

Und ja, vielfach ist es erforderlich, dafür sich professionelle Hilfe zu nehmen, da wir selbst oftmals zu sehr in uns gefangen sind, um die Muster zu erkennen und aufzulösen. Und Therapiemöglichkeiten gibt es heute so vielfältige, daß auch Du das für Dich Passende findest.

Viel Spaß beim Lesen – und ganz, ganz viele Erkenntnisse. 🙂

Herzlichst

Evelyn

Mentorin auf Zeit


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