Opfer-Täter / Täter-Opfer

© Evelyn Worbs

© Evelyn Worbs

ICH weiß, was ich mir wirklich zu Weihnachten wünsche.
ICH möchte meine Kindheit wiederhaben.
Niemand schenkt sie mir …

Kennen wir diesen Wunsch nicht alle? Und nehmen wir diesen Wunsch in uns noch wirklich wahr? Verstecken wir uns  nicht vielmehr hinter einer Maske, benutzen wir Mechanismen , wie z.B. Abwehr, Verdrängung und / oder Vermeidungsstrategien? Sagen wir u.a.:

  • interessiert mich nicht,
  • brauche ich nicht,
  • das ist alles nur Gefühlsduselei?

    © Andrea Marchetti

Verlieren wir immer mehr den wirklichen Zugang zu unseren tiefen  Gefühlen und Bedürfnissen? Nutzen wir die Kontrolle und das Misstrauen, um nicht mehr in die Sehnsucht, ins Fühlen zu kommen? In Berührung mit unseren Bedürfnissen?

Wir erlebten und erleben alle – ein Jeder von uns auf die eine oder andere Art – Verletzungen, die uns von uns nahe stehenden Personen zugefügt wurden. Durften wir unsere Gefühle wie Wut, Ärger, Zorn, Angst etc. frei zeigen?

© Andrea Marchetti

Oder hatten wir „artig“ zu sein und wurden bestraft, wenn wir nicht den Vorstellungen anderer gemäß handelten bzw. entsprachen? Schäm(t)en wir uns, weil wir anders sind/waren als gewünscht? Schämen wir uns noch heute für unsere Gefühle? Urvertrauen zu uns selbst entwickeln wir nur, wenn wir als Kind vorbehaltslos geliebt wurden, anderenfalls öffnen sich für uns verschiedene Türen – die der Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und vielem mehr.

Es entwickeln sich Krankheiten, wir haben permanent Streit mit anderen, sind ewig unzufrieden, reagieren überangepaßt und in ewigem Antagonismus, wir halten Absprachen nicht ein, tun „alles“ um scheinbare Sicherheit zu haben, sehen zu, daß wir die Kontrolle behalten, wir bleiben Opfer und Täter.

© Andrea Marchetti

Wer kennt nicht auch Sätze wie:

  • Sprich nicht in dem Ton mit mir, oder ich hau dir eine runter;
  • solange du die Füße unter meinem Tisch stellt, hast du zu tun, was ich will;
  • gleich kriegst du eine geklebt, dann hast du Grund zum Weinen …

Wer Missbrauch bzw. Gewalt in seinem Leben erlebte, wird später selbst missbrauchen und Gewalt bei sich selbst und anderen anwenden (egal, ob offen oder versteckt).

© Andrea Marchetti

Weshalb knirschen wir heute u.a. mit den Zähnen, weshalb haben wir eine flache Atmung?

Weil wir Angst haben, unsere eigenen Gefühle zu spüren und erst recht sie zu zeigen!

Und das wird so lange geschehen, bis wir erkennen, dass Veränderung möglich ist.

… ICH weiß, dass es unvernünftig klingt,
aber was hat Weihnachten mit Vernunft zu tun?
Weihnachten hat etwas mit einem Kind
von ganz früher und ganz weit weg zu tun,
und es hat etwas mit einem Kind von jetzt zu tun.
In Dir und in mir.
Es wartet hinter der Tür unseres Herzens darauf,
dass etwas Wunderbares geschieht.

(von Robert Fulghum)

Herzlichst

Evelyn

– Mentorin auf Zeit –


5 Kommentare

  1. 1. Gabriele

    Kommentar vom 15. November 2009 um 20:46

    Wenn Sie mal eine umfassende Liste verbaler Gewalt gegen Kinder brauchen, dann hier finden:

    http://kraetzae.de/erziehung/sprueche/

    Schöne Grüße
    Gabriele

  2. 2. ew-b

    Kommentar vom 15. November 2009 um 22:50

    Danke, Gabriele, für diesen Hinweis. Ja, ich denke, viele dieser Aussagen kennen wir alle, und stellten unser Verhalten darauf ab, um weiterhin die Liebe unserer Eltern zu erhalten. Und diese Verhaltensmuster leben wir heute weiter: mit unserer Familien, mit den Kollegen, mit … Nur daß wir nicht mehr wissen, weshalb wir so reagieren, wie wir reagieren. Die Ursache ist längst „vergessen“, doch sie ist in unserem Unterbewusstsein abgespeichert. Mutig ist der Mensch, der sich aufmacht, hier aufzuräumen.
    Viele Grüße – Evelyn

  3. 3. Marion

    Kommentar vom 17. Juli 2011 um 21:24

    „Ist der Status wirklich zu trennen“ war die Frage in Facebook.
    Ich schrieb ja und wies darauf hin, dass „Mobbing und verbale Gewalt“ Akzeptant in allen Gesellschaftsschichten, allen Instanzen von Jusitz, Behörden, Ämtern gegenwärtig sein müsste, damit „der Status“ zu trennen ist. Psychologisch gesehen wird erwartet „sich nicht als Opfer“ zu sehen (um aus der Opferrolle herauszukommen). Was aber kann ein Opfer tun, solange es keine körperliche oder materielle Gewalt scheinbar erfährt? Solange z.B. die Gesellschaft oder die Justiz nur das offensichtliche betrachtet und nicht nach dem „warum“ fragt, bleibt ein Opfer Opfer. Ich gebe zu, dass ich selbst in dieser Situation bin. Noch dazu in einem Land aus dem ich fliehen möchte und doch ein Nachbarland von Deutschland ist. Ich gebe auch zu, dass meine Situation ein Ausnahmezustand erreicht hat, der einzigartig ist! In diesem Blog schreibt Gabriele „… die Ursache ist längst „vergessen““ – Verantwortliche wollten genau das erreichen. 10 Jahre sind verstrichen, im Kollektiv wurde daran „gearbeitet“, mein Statut, meine Lebensqualität, meine Gesundheit, mein Kind, meine Integrität, meine Individualität zu zerstören. Opfer in früheren KZ’n geschah das gleiche. Was mit manchen Opfern geschehen ist, die sich wehren wollten, ist bekannt. Mobbing und vebale Gewalt ist all gegenwärtig; Es ist so leicht gesagt, „aus der Opferrolle“ innerlich zu wechseln, wenn jeder TATsächliche Versuch mit Konsequenzen geahndet wird. Die Politik in Europa trägt Verantwortung, Mobbing und verbale Gewalt als Gegenstand anzuerkennen.

    Gruß Marion

  4. 4. Evelyn

    Kommentar vom 20. Juli 2011 um 15:37

    Liebe Marion,

    danke Dir an dieser Stelle für Deine Gedanken. Wie ich bereits einmal an anderer Stelle schrieb „jeder schafft sich seine eigene Realität“ … Und das bewahrheitet sich immer wieder. Wie in meinem Artikel geschrieben ist jeder Opfer und Täter in einer Person. Nur meist halten wir uns lieber in der Opferrolle auf (und lassen außer Acht, daß wir ebenso Täter sind) – und unser Umfeld läßt uns i.d.R. darin, weil es für das Umfeld einfach bequem ist.

    Ich spreche hier an dieser Stelle einfach mal einen provokanten Gedankengang aus:
    Wofür ist diese Situation in Deinem Leben gut? Sprich also: Welches Geschenk kannst Du darin sehen? Was nutzt es Dir, in dieser Rolle zu bleiben? Weil: Wir haben immer einen Gewinn, sonst würden wir andere Handlungen vornehmen. Und jedes Handeln (auch ein Nichthandeln) ist ein Handeln. Und ja, alles hat Konsequenzen.

    Wir haben eine Eigenverantwortung. Und sicherlich ist es alles andere als angenehm, in den eigenen Spiegel zu schauen, sprich die eigenen Drachen zu betrachten. Es ist „einfacher“, die Schuld bei anderen zu suchen. Und glaube mir, Marion, ich weiß das alles aus erster Hand, sprich aus meinem eigenen Erleben. Und dann kommen natürlich weitergehende Erfahrungen dazu, auch durch die Arbeit mit Klienten.

    Politiker, Gesetzgebung etc. stellen einen „Rahmen“ zur Verfügung. Doch es ist an uns, uns selbst zu bewegen. Gandhi sagte einmal „Sei du die Veränderung, die du bei anderen sehen willst“. Ein weiser Mann.

    Kannst Du damit etwas anfangen von dem, was ich schrieb?

    Fühl Dich herzlich umarmt.
    Evelyn

  5. 5. Marion

    Kommentar vom 21. Juli 2011 um 18:43

    Liebe Evelyn,

    natürlich kann ich damit etwas anfangen und um direkt zu Ghandi, dem weisen Mann, über zu gehen: es ist das weise gesprochen, gedacht und getan! Ich selbst aber KANN mich wirklich NICHT wegbewegen, obwohl ich WILL. Mein Körper spricht das sehr deutlich aus und die Lage „meine sieben Sachen zu packen und zu gehen“, ist in der Tat einfach NICHT MÖGLICH. Das allerdings näher zu „erklären“ ist hier nicht angebracht, denn mir wird verboten, das auszusprechen /-schreiben, was tatsächlich IST. Ja die übergeordnete Aufgabe sehe ich vor meinen Augen, doch kann es wirklich sein, dass heute im Jahre 2011 eine Frau von ihrem Kind getrennt wird, obwohl sie „eine Vorzeigemutter“ war? Hat sie deshalb nicht ein Recht, NORMAL leben zu dürfen (unabhängig des Opfers, welches sie auf sich nimmt, weiterhin von ihrem Kind getrennt zu bleiben)? Wo bleiben da Justiz und Politiker, Ärzte, Soziologen? Warum zeigen sie ihr deutlich, dass sie „lässtig und zu teuer“ für das Land ist. Warum wird sie unterdrückt, sobald sie sich zur Wehr setzt? Nein liebe Evelyn, wir sollten hier – bei aller Liebe für die Sache – nicht etwas vermischen. Ein Opfer ist nicht immer gleich Täter. Jeder Fall ist anders und Mobbing ist zu einem Instrument geworden, welches sich machtvolle Menschen zu eigen machen. Ein Opfer hat Rechte auf Freiheit, auf ein gesundes Leben. In meinem Fall haben Väter – durch meinen Einsatz und Initiative – ihre Kinder nach Scheidung wieder gesehen. Die hiesige Jusitz und Politik hat dadurch eine Lösung gefunden. Ich hatte etwas Wertvolles bewegt. Doch ist das ein Recht, dass ich allein gelassen werde mit mir selbst und ich nur die Schuld bei mir zu suchen habe? Ärzte, Anwälte, Soziologen und die Gesellschaft (Umfeld, in dem ich leben / ausharren muss) sind hier zu einem Kollektiv /Komplott geworden. Mobbing ist ein Instrument, dass sich andere zu eigen machen. Ich weiß, was Gedanken und der eigene Wille bewegen kann, doch wenn der Körper schreit (und zwar deutlich realistisch!!, nur um aus diesem Terror herauszukommen, dann ist ein Opfer erst einmal nur ein Opfer. Dies anzuerkennen, wäre der erste kleinste Schritt – egal was andere denken – . Mobbing ist nicht im ersten Schritt sichtbar. Ich wünsche mir, sachliche Auseinanderhaltung und tatsächliche Betrachtung. Keiner hat das Recht einen Menschen und ein Opfer zu verurteilen, ohne die tatsächlichen Hintergründe wirklich zu kennen. Ich weiß ganz genau, was für mich gut ist. Bevor ich wieder etwas bewegen kann, benötige ich juristischen, materiellen und ärztlichen Beistand. Da mir genau das verwehrt bleibt, ist der Gegenstand des Mobbing gegeben. Väter haben durch mich und mein Engagement ihre Kinder nach Scheidung wieder bekommen. Mein Sohn ist mir entfremdet und ich habe nichts in der Hand, um daran derzeit etwas zu ändern. Als Opfer stehe ich dazu; hier geschieht Unrecht. Lieben Dank für Deine symbolische Umarmung; Marion

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