Erste Liebe

Hase (Mut)

© Evelyn Worbs

Im Leben eines Mädchen ist der Vater die erste große Liebe.  Er wird von ihr bewundert und sie möchte gerne mit ihm den ganzen Tag gemeinsam verbringen. Er ist ihr  Beschützer, er zeigt ihr die Welt und sie ist seine kleine Prinzessin. Doch was ist, wenn sich die Situation ändert?

Ich bin gut 5 Jahre alt, als  meine  Mutter für einige Tage ins Krankenhaus muß. Das macht mich sehr traurig, denn mein Vater ist ja den ganzen Tag nicht da und nun muß auch noch die Mutter weggehen? Da ist es kein Trost, wenn die Oma stellvertretend da ist. Und um mich glücklich zu machen, erlaubt der Vater es, dass ich im Bett der Mutter schlafen darf.  Welche eine Freude – und damit ist schnell vergessen, dass die Mutter fort muß.

Oh, was war ich glücklich, dass ich neben dem Vater im Bett schlafen darf. Bin ich doch meinem Held nun so nahe. Und Vater hat Gefallen daran, seine Prinzessin neben sich liegen zu haben. Doch in einer Nacht langt es ihm nicht, nur neben der Tochter zu liegen. Er möchte mehr und zeigt mir, was Mann und Frau im Bett miteinander machen. Ich will schreien, doch seine Hand liegt schwer auf meinem Mund. Ich rufe innerlich nur noch NEIN, NEIN, NEIN … Doch der  Ruf bleibt ungehört, auch von der Oma. Ein schmaler Lichtschein dringt durch den Türspalt. Das ist alles, was ich in der Dunkelheit noch von der Außenwelt wahrnehme.

© Andrea Marchetti

Meine Verletzungen sind groß,  auch körperlich und ich komme ins Krankenhaus und werde genäht.  Ich will mit Mutter sprechen, mit Vater, mit Oma … Keiner hört zu, keiner redet darüber. Es wird geschwiegen. – weil, es gab ja nichts zu reden, es war ja nichts passiert. Und  ich  fühle mich ganz hilflos, bin voller Trauer, Angst, Wut und fühle mich zudem schuldig. Und vor allem einsam und ich fange an, mich zu schämen.

Und so wird aus einem fröhlichen, lebhaften und fragenden Kind ein stilles, introvertiertes.

Ein Einzelfall? Nein keineswegs!!! Es gibt viele solcher Mädchen – und viele solcher Jungen, auch sie bleiben alles andere als unbehelligt. Und hier sind es häufig Frauen, die übergriffig sind. Dieser Vertrauensverlust ist für Kinder existentiell … und sie haben ihr Leben lang darunter zu leiden. Ich freue mich für jeden, der den Mut findet, sich dieser Erfahrung zu stellen, neu in den Schmerz hineinzugehen – und gerade das in diesem Bereich mit therapeutischer Hifle. Denn es hängt so viel daran, sich aus diesem Gefängnis zu lösen.

Herzlichst

Evelyn

– Mentorin auf Zeit –

Nachtrag:
Informativ kann auch der Beitrag „Tatort Familie“ für Dich sein, ebenfalls hier auf diesem Blog zu finden.


Einen Kommentar schreiben