Die Willenssucht als Form der Scham?!

Der menschliche Wille verliert seine kooperative Beziehung zum Intellekt, weil er durch schamgebundene Gefühle vergiftet worden ist. Wenn der Wille seinen Verpflichtungen nachkommen will, Entscheidungen zu treffen, sind die intellektuellen Operationen der Wahrnehmung, des Urteilens und logischen Denkens von entscheidender Bedeutung. Wahrnehmen, Urteilen und logisches Denken ermöglichen es dem Willen, Alternativen zu erkennen, bevor er seine Entscheidung fällt.Wenn aber die Gefühlsenergie eines Menschen erstarrt und schamgebunden ist, ist der Intellekt voreingenommen und behindert.

Der Wille verliert seine Fähigkeit, Alternativen zu erkennen, er verliert sozusagen seine Augen. Und ohne Augen ist der Wille blind. Er verfügt nicht mehr über die entsprechenden Informationen, auf deren Grundlage er seine Wahl treffen kann.

Und ohne Informationen hat der Wille im Hinblick auf die Außenwelt keine Bedeutung mehr, weil er dann nur noch eine Bedeutung für sich selbst hat und sich dann nur noch selbst wollen kann. Dadurch kommt es zu einer pathologischen Beziehung zum eigenen Willen. Und eine solche Beziehung wirkt als Stimmungsveränderer.

In den Augenblicken einer durch den eigenen Willen erzeugten Impulsivität fühlt man sich nicht mehr gespalten, sondern eins mit sich selbst und hat das Gefühl, stark und gut zu sein. Leislie Farber sagt: „Der Wille wird zum Selbst.“

Dieses Wollen um des Wollens willen führt zu einer lebenschädigenden Eigenwilligkeit. Eigenwillig sein bedeutet, nur aus Willen zu bestehen. Diese Eigenwilligkeit führt zur Egozentrizität, zu dem Wahn, alles unter Kontrolle haben zu wollen, zu anderen dramatischen Extremen und dazu, daß man etwas will, das nicht dem eigenen Willen unterliegt (Realitätsverlust). Die Eigenwilligkeit kennt keine Grenzen.

Eine derartige Eigenwilligkeit ist der Wesenskern aller Formen der Sucht. Alle Suchtkranken sind letzten Endes ihrem eigenen Willen ausgeliefert. Die Anonymen Alkoholiker drücken das so aus: „Ich will, was ich will, wann ich es will.“ Man spricht auch von einem „Amoklauf des Selbst-Willens“.
Aus: Wenn Scham krank macht

Macht nachdenklich, oder? Ja, die Scham hat viele Gesichter, ohne daß wir uns zumeist dessen  bewusst sind. Nun hast Du jedoch die Möglichkeit, Dein eigenes Stimmungsbild zu hinterfragen. Finde neue Antworten.

Herzlichst

Evelyn

Mentorin auf Zeit


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